Rund fünf Jahrzehnte lang war die Villa Haar in Weimar – idyllisch oberhalb des Goetheparks an der Ilm gelegen – ein Zuhause für Hunderte Kinder. Von 1945 bis 1995 prägte das Haus Generationen: zunächst als Waisenheim der Nachkriegszeit, später als staatliches „Kinderheim Rosa Thälmann“ in der DDR und zuletzt als „Kinderheimstätte Villa Haar“. Im Frühjahr hat die Stiftung Dr. Georg Haar ein Erinnerungsprojekt ins Leben gerufen, das die Lebensgeschichten ehemaliger Heimkinder sammelt. Bis 2027 soll – anlässlich des 80-jährigen Bestehens der Stiftung – ein Buch entstehen, das die Erfahrungen der früheren Bewohnerinnen und Bewohner zusammenführt und ein lebendiges Bild vom Wandel des Heimlebens über fünf Jahrzehnte hinweg zeichnet.
In sogenannten Erzählsalons kommen in der Villa Haar ehemalige Heimkinder zusammen, um Erinnerungen zu teilen, einander zuzuhören und Vergessenes wieder ans Licht zu holen. Den Auftakt bildete im Juni 2025 der erste dieser Salons – mit Menschen, die in den späten 1940er bis Ende der 1950er Jahre ihre Kindheit hier verbrachten. „Diese Jahre waren geprägt von den Entbehrungen der Nachkriegszeit, vom Verlust vieler Väter, von Flucht und Vertreibung – und zugleich vom Neubeginn nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs“, sagt Joachim Faßnacht, ehemaliger Gesamtleiter der Stiftung. „Dankbar erinnert wurden aber auch die hellen Seiten: die Fürsorge der Erzieherinnen, das Gemeinschaftsgefühl, kulturelle Angebote, eine gute Versorgung und die Vorbereitung auf das spätere Berufsleben.“
Nach dem gut besuchten Auftakt geht das Erinnerungsprojekt nun in die nächste Runde. Am Samstag, dem 1. November 2025, um 15 Uhr, lädt die Stiftung Dr. Georg Haar zum zweiten Erzählsalon in die Villa Haar ein. Diesmal sollen diejenigen zu Wort kommen, die in den 1960er und 1970er Jahren hier aufwuchsen – Jahre des gesellschaftlichen Aufbruchs, aber auch des vertrauten Alltags im Heim. Etwa 10 bis 15 Ehemalige haben ihre Teilnahme bereits zugesagt. Weitere Interessierte sind herzlich eingeladen, mitzuerzählen oder zuzuhören. Auch ehemalige Erzieherinnen und Betreuerinnen können sich gern melden – für sie ist ein eigener Erzählsalon für Anfang 2026 geplant.
1. Erzählsalon (18.06.2025) in der Villa Haar„Jede Erzählung öffnet ein Stück gemeinsamer Geschichte“, betont Biografin Katrin Rohnstock, die die Erzählsalons in der Villa Haar moderiert und dieses Format vor mehr als 25 Jahren entwickelt hat. „Uns geht es beim Erzählen um Authentizität – kritische und schmerzhafte Erinnerungen gehören ebenso dazu wie glückliche, geprägt von Fürsorge und Geborgenheit. Erst in ihrer Vielfalt wird Geschichte lebendig.“
Zweiter Erzählsalon in der Villa Haar
Samstag, 1. November 2025, 15 Uhr
Villa Haar, Dichterweg 2a, 99425 Weimar
Kontakt und Anmeldung:
E-Mail: weimar@stiftunghaar.de
Joachim Faßnacht, Tel. 0172 358 39 74
Weitere Informationen: www.stiftunghaar.de
